Buddhistische Impulse über Anhaftung, Erwartung und inneren Frieden.
Ich saß neulich mit einer Freundin beim Kaffee. Eigentlich war es ein sonniger Tag, fast frühlingshaft – doch ihre Stimmung passte nicht dazu. Sie hatte gerade erfahren, dass unser Lieblingsskigebiet früher als gedacht schließt. «Ich hatte mich noch auf ein paar Wochen Schnee gefreut», sagte sie, sichtlich enttäuscht. Ihre Gedanken kreisten um die verlorenen Pistentage, nicht um das, was vor ihr lag.
Es war ein Moment, der mir noch eine Weile nachging. Denn was auf den ersten Blick wie eine harmlose Enttäuschung aussah, war in Wahrheit ein tiefes menschliches Muster: Wir halten fest. An Vorstellungen. An Jahreszeiten. An Plänen, die nicht mehr aufgehen.
Anhaftung: Wenn wir das JETZT nicht lassen können
In der buddhistischen Psychologie gilt Anhaftung (Upādāna) als eines der zentralen Geistesgifte – ein Zustand, der Unzufriedenheit nährt, weil wir das, was ist, nicht loslassen wollen. Wir hängen an Ideen, wie die Dinge sein sollten, statt sie zu nehmen, wie sie sind.
Die Natur ist ein guter Lehrer für Vergänglichkeit. Der Schnee kommt – und geht. Der Frühling lässt sich nicht aufhalten, genauso wenig wie der Herbst. Doch wir Menschen tun uns schwer mit diesem Fluss. Wir wollen Momente festhalten, gute Gefühle konservieren, schöne Zustände verlängern.
Meine Freundin hing nicht nur am Schnee – sie hing an der Vorstellung, dass ihr Winter noch nicht zu Ende sein dürfte. Und genau da beginnt das Leiden: nicht mit dem Wandel, sondern mit unserem inneren Widerstand dagegen.
Was uns innerlich bindet, macht uns eng
Wir denken oft, Anhaftung betrifft große Lebensfragen – Beziehungen, Karriere, Sicherheit. Aber sie zeigt sich viel leiser, im Alltäglichen: wenn wir enttäuscht sind, weil etwas anders läuft als geplant. Wenn wir uns ärgern, weil der Urlaub zu kurz war. Oder traurig sind, weil ein schöner Abend schon vorbei ist.
Diese kleinen Anhaftungen summieren sich. Sie machen unser Erleben enger, schwerer. Wir verlieren den Blick für das, was jetzt da ist – weil wir an dem festhalten, was wir verlieren könnten oder schon verloren haben.
Buddhistische Praxis: Hingabe statt Kontrolle
Die Übung liegt im Erkennen: Wo halte ich gerade fest? Und wie fühlt sich das in meinem Körper an – eng, fest, starr? Buddhistische Praxis lädt uns ein, immer wieder loszulassen. Nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Vertrauen. Vertrauen, dass das Leben in Phasen fließt – und dass jede Phase ihren Wert hat.
Frühling statt Skitag. Blütenduft statt Pulverschnee. Veränderung als Einladung, nicht als Verlust.
Was du daraus mitnehmen kannst
Loslassen bedeutet nicht, dass dir etwas egal sein muss. Es bedeutet, die Dinge zu würdigen, während sie da sind – und sie gehen zu lassen, wenn sie sich wandeln. So entsteht innerer Frieden: nicht durch Festhalten, sondern durch Hingabe.
Frage an dich: Wo in deinem Leben spürst du Widerstand gegen das, was gerade ist? Und was würde passieren, wenn du dich – nur für einen Moment – öffnest für das Neue, das schon vor deiner Tür steht?
Nur Mut – dein nächster Schritt beginnt jetzt.